Blog: Nationalsozialismus und Bad Pyrmont

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"Ein Weltbad wie Pyrmont"


BLOG "EinWeltbad wie Pyrmont" Kurstadt und Nationalsozialismus 1918-'1968'

12 Apr., 2024
Für unser Projekt „Ein Weltbad wie Pyrmont“. Kurstadt und Nationalsozialismus, 1918-‚1968‘“ in Kooperation mit dem Historischen Seminar der Universität Hannover stecken die wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte gerade tief in den Archiven und sind dabei die Quellen zu sichten, zu strukturieren und einzuordnen. Dabei stoßen wir immer wieder auf neue, spannende und wichtige Archivalien. Zuletzt war die Freude besonders groß, als wir einen Teil der verschollen geglaubten Ratsprotokolle aus der Zeit des Nationalsozialismus wiederfinden konnten. Viele der Quellen (u. a. auch die Ratsprotokolle) sind handschriftlich verfasst, häufig auch noch in Sütterlin, was das Arbeiten mit den Quellen für uns leider sehr erschwert. Deshalb möchten wir Sie um Hilfe bitten: Können Sie Sütterlin lesen und hätte Lust uns zu unterstützen? Konkret geht es darum einige ausgewählte Quellen zu transkribieren – also einfach gesagt: abzutippen. Sie würden uns einen großen Gefallen tun und vielleicht macht es euch ja auch Spaß in den historischen Dokumenten zu lesen und die ein oder wichtige Entdeckung zur Pyrmonter Geschichte zu machen. Wir würden die Quellen digitalisieren, sodass man jederzeit bequem von zuhause aus daran arbeiten könnte. Wer Zeit und Lust hat, kann sich gerne im Museum melden: info@museum-pyrmont.de oder per Telefon 05281 606771.
13 Feb., 2024
Im Rahmen unserer Kooperation mit dem Historischen Seminar der Uni Hannover zur Aufarbeitung der NS-Zeit in Bad Pyrmont fand in diesem Wintersemester ein Praxisseminar statt, in dem die Teilnehmer tiefer in das Thema einstiegen und sich schon mit den ersten Quellen vertraut gemacht habe. Die ersten Forschungsergebnisse stellten die Studierenden nun in einem Blockseminar in Bad Pyrmont vor und diskutierten sie gemeinsam mit einigen lokalen Akteuren. Zu Gast waren Stadtarchivar Dr. Dieter Alfter, der Archivar des Landkreises Hameln-Pyrmont Jan Timmer, die Vorsitzende des Bad Pyrmonter Heimatbundes Adelheid Ebbinghaus, der Vorsitzende der Pyrmonter Theater Companie Jörg Schade sowie der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom. Den Einstieg machte Marie Holtin, die sich mit dem Image Bad Pyrmonts nach 1933 beschäftigte und schon einmal deutlich machte, was uns an weiteren Stellen des Seminars immer wieder begegnete: Für die Kurgäste wurde eine weitgehend unpolitische Atmosphäre aufrechterhalten. In der Kurzeitung bspw. spielten Antisemitismus oder Krieg kaum eine Rolle. In der Bewerbung des Ortes fielen dann aber doch die Betonung der urdeutschen Landschaft oder der germanischen Tradition besonders ins Auge, die der NS-Ideologie besonders in die Hände spielten. Interessanterweise wurde auch weiterhin die Geschichte des Fürstenbades hochgehalten.
05 Jan., 2024
Das Vom 21. bis 23. November 2023 fand auf Norderney die Tagung der AG der Kur- und Bädermuseen statt. Neben dem Austausch mit den Kollegen aus ganz Deutschland und auch Belgien, bei dem wir auch unser Projekt zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus in Bad Pyrmont vorgestellt haben, stand das Thema Bäderantisemitismus im Fokus. Organisiert wurde die Tagung von der AG der Kur- und Bädermuseen und dem Museum Nordseeheilbad Norderney in Kooperation mit der Ostfriesischen Landschaft und dem Landesarchiv Aurich und bot dank vielseitiger Referenten einen umfassenden Einblick in ein Thema, das auch in unserem Betrachtungszeitraum 1918-1968 eine wichtige Rolle spielt. Zu Beginn führte Prof. Dr. Regina Grundmann von der Universität Münster in das Thema des Bäderantisemitismus ein, der sich bereits ab den 1870er entwickelte und insbesondere auf den Ausschluss jüdischer Badegäste von Nord- und Ostsee zielte. Dass dies kein lokales Phänomen war, führte Mag. Thomas Stoppacher vom Österreichischen Kabarettarchiv anhand des Beispiels Bad Gleichenberg aus. Der Antisemitismus in der österreichischen Sommerfrische fiel zum Teil sogar noch intensiver aus, da er über die Tourismusorganisationen durchaus institutionalisiert war. Die erschreckende Aktualität des Themas wurde den Tagungsteilnehmern durch den Vortrag von Prof. Dr. Thomas Goll von der TU Dortmund einmal mehr bewusst. Für die Bundeszentrale für politische Bildung kuratierte er die Ausstellung „Abgestempelt – Judenfeindliche Postkarten“, die zeitgleich im Norderneyer Museum zu besuchen war. Die Motive und Sprüche dieser Karten transportierten Hass und Beleidigungen genauso scheinbar „lustig“ wie heutige Internet Memes. Die Autorin Kristine von Soden stellte ihr Buch „Ob die Möwen manchmal an mich denken“ vor, in dem sie Anhand einer Fülle historischer Quellen, Tagebucheinträge, Reiseberichte und Briefauszüge jüdischer Badeprominenz ein facettenreiches Bild der Ostsee bis 1937 zeichnet, als nahezu alle Orte und Strände für jüdische Badegäste verboten waren. Die Judaistin und Theologin Prof. Dr. Ursula Rudnick und Matthias Pausch, Stadtarchivar und Leiter Museum Nordseeheilbad Norderney, warfen zum Schluss noch einmal einen genaueren Blick auf die beiden Nordseebäder Borkum und Norderney. Während Norderney seit dem 19. Jahrhundert ein beliebter Badeort für jüdische Gäste war, versuchte sich Borkum, das sich erst später zum Seebad entwickelte, abzusetzen indem es sogar damit warb „judenfrei“ zu sein. Hinzu kam, dass der gesellschaftliche Austausch in einem besser betuchten Bad wie Norderney größer war und der Antisemitismus so weniger Anklang fand - was nicht heißt, dass es nicht auch auf Norderney antisemitische Tendenzen vor 1933 gab.
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