Vermittlungskonzept

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konzepte

Museum im Schloss - Vermittlungskonzept

Das Museum im Schloss Bad Pyrmont versteht sich als Kommunikationsort an der Schnittstelle zwischen Historie und Moderne, an dem einerseits kulturelles Erbe bewahrt und der Blick zurück auf die Geschichte des Badeortes geworfen wird, andererseits aber auch interdisziplinäre Fragen der Vergangenheit und Gegenwart diskutiert sowie aktuelle künstlerische Positionen präsentiert werden. Diesen Kerngedanken des Museumsleitbildes gilt es über die aktive Vermittlungsarbeit in die Praxis umzusetzen.

 

1.   Zielgruppen

Im Sinne der Inklusion richtet sich das Museum mit seinen Angeboten an möglichst alle Menschen, egal welchen Alters, regionaler oder sozialer Herkunft. Vor allem soll denjenigen, die nicht zur klassischen Zielgruppe gehören, die Scheu vor einem Museumsbesuch genommen werden. Dies geschieht vor allem durch ein nahbares Auftreten des Museums in der Presse und den sozialen Medien, durch Events, wie die Museumssommernacht, durch das persönliche Auftreten der Mitarbeiter und durch besondere Aktionen. Dazu gehörte bis dato beispielsweise eine Führung für Kunden der Tafel. Angebote in diese Richtung sollen weiter ausgebaut werden.

Die größten Besuchergruppen sind in erster Linie interessierte Bürger und Bürgerinnen aus Bad Pyrmont und Umgebung sowie Touristen und Kurgäste. Für die einheimischen Besucher und Besucherinnen ist vor allem ein attraktives Angebot an Sonderausstellungen und zusätzlichen Veranstaltungen wichtig, um einen regelmäßigen Museumsbesuch attraktiv zu machen. Als außerschulischer Lernort steht das Museum mit seinem Angebot außerdem Schülern und Schülerinnen aller Schulformen und Altersstufen offen. Auch Kinder im Vorschulalter sollen das Museum bereits als einen spannenden Ort kennenlernen.

Um möglichst viele dieser Zielgruppen anzusprechen, bemüht sich das Museum um die Schaffung eines differenzierten Angebots, ohne sich in der Heterogenität der Zielgruppen zu verlieren. Dies soll zum einen durch eine gezielte Ansprache und besondere Programme erreicht werden, auf der anderen Seite soll das Museumsangebot durch eine allgemeingültige Relevanz möglichst integrativ und grenzüberschreitend gestaltet werden. Basis dafür ist ein sensibler Umgang mit den unterschiedlichen Gästen sowie eine sich beständig flektierende und weiterentwickelnde Vermittlungsarbeit. Wie dies im Einzelnen aussehen kann und wo die Schwierigkeiten in der Praxis liegen, soll im Folgenden weiter dargelegt werden.

 


2.   Inhalte

Der inhaltliche Schwerpunkt der Vermittlungsarbeit liegt ganz klar auf der Stadt- und Badgeschichte Pyrmonts. Dabei geht es nicht allein um ein historisches Faktenwissen, sondern vor allem darum, ein Gefühl für die Besonderheit des Ortes zu schaffen und dafür zu sensibilisieren, die Geschichte und Bedeutung der Stadt auch in anderen Bereichen wahrzunehmen und zu verknüpfen. Viele Aspekte der Dauerausstellung bzw. Themen, die in den Vermittlungsangeboten eine Rolle spielen, lassen sich im heutigen Stadtbild noch gut erkennen. Seien es die zahlreichen Quellen, die barocke Anlage der Stadt, die Logierhäuser der berühmten Kurgäste oder auch die heute als unschön wahrgenommenen Klinikbauten der 70er und 80er Jahre. Im Museum bekommen die Besucher das Handwerkszeug, um die Umwelt ihrer Heimat bzw. ihres Kur- oder Urlaubsortes einordnen zu können.


In den Sonderausstellungen sollen immer wieder historisch, gesellschaftlich und künstlerisch relevante Themen aufgegriffen werden, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, neugierig machen und den eigenen Erfahrungshorizont erweitern. Dabei sollen sowohl Ausstellungen mit regionalem Bezug, als auch Ausstellungen mit einer allgemeingültigen Relevanz aus verschiedenen Disziplinen gezeigt werden. Diese Ausstellungen sollen nicht nur einen Anreiz schaffen, das Museum immer wieder zu besuchen, sondern auch der Tatsache gerecht werden, dass die Interessen von potentiellen Museumsbesuchern und -besucherinnen sehr unterschiedlich gelagert sind. Nicht jeder Liebhaber moderner Kunst schaut sich eine historische Ausstellung an. Technikinteressierte lockt dagegen eher eine Ausstellung zum Experimentieren und Selbermitmachen ins Museum. Dieses Ausstellungsprogramm ist nur in Kooperation mit anderen Museen und der Übernahme fertiger Ausstellungen zu realisieren.

Darüber hinaus soll vor allem Kindern und Jugendlichen zunächst einmal das Museum überhaupt vorgestellt werden. Was ist eigentlich ein Museum? Was wird dort gemacht und warum? In einem besonderen Programm, das sich vor allem an Grundschulen und die ersten Klassen der weiterführenden Schulen richtet, soll gegen das Vorurteil angekämpft werden, Museen seien langweilige und verstaubte Orte. Die Kinder lernen sich im Museum zu orientieren, dürfen hinter die Kulissen blicken, lernen die Mitarbeiter kennen und dürfen all ihre Fragen loswerden.

 

3.   Vermittlungsformate

Wichtigstes Vermittlungsformat des Museums sind die Ausstellungen. Die Dauerausstellung zur Stadt- und Badgeschichte wurde 2015 komplett neu gestaltet. Sie bietet nach wie vor neben einem ansprechenden und modernen Design, ein informatives und gleichzeitig unterhaltsames Storytelling. Der Nachteil der Ausstellung ist der statische Aufbau, der keine Ergänzungen oder Aktualisierungen zulässt. Daher arbeitet das Museum aktuell in Kooperation mit der Bad Pyrmonter Theater Companie an einem Audioguide, der die Ausstellung mit verschiedenen Hörstücken ergänzen wird. Dabei wurden bewusst ein reiner Audio- und kein Multimediaguide gewählt, da die Stärke der Ausstellung die originalen Exponate sind. Diese sollen durch die akustische Beschreibung und Kontextualisierung noch weiter in den Fokus gerückt werden. Parallel arbeitet das Museum über das Projekt „Museum macht stark“ an einem Audioguide von Kindern für Kinder. Eine Ebene für junge Besucher fehlte in der Ausstellung bis dato ebenfalls.

Bei der Konzeption bzw. Auswahl der Sonderausstellung versucht das Museum besonderen Wert darauf zu legen, diese facettenreich zu gestalten und möglichst vielschichtige inklusive Zugänge zu schaffen.

Das Museum bietet sowohl Führungen für geschlossene Gruppen als auch mindestens zwei Mal in der Woche - je nach personeller Kapazität auch drei Mal in der Woche - öffentliche Führungen durch die Dauerausstellung und die historischen Schlossräume an. Bei den Führungen wird besonders viel Wert auf eine angenehme Atmosphäre gelegt, in der sich die Besucher so wohlfühlen, dass sie auch aktiv, z. B. durch Fragen oder Beiträge eigener Erfahrungen, an der Führung teilnehmen.

Speziell für Kinder und Jugendliche bietet das Museum mehrere Vermittlungsangebote. Neben dem bereits näher beschriebenen Programm zum Kennenlernen des Museums bietet das Museum allen Schulklassen individuell angepasste Formate zur Ergänzung des Unterrichts. Bei den vom Museum ausgerichteten Kindergeburtstagen haben die Teilnehmer die Möglichkeit, das Museum und das Schloss spielerisch kennenzulernen. In den Sommerferien beteiligt sich das Museum am Kinderferienpass der Stadt Bad Pyrmont mit mehreren besonders praxisorientierten Programmen. Aktuell wird die Museumsrallye überarbeitet, mit der Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, das Museum und die Schlossinsel auf eigene Faust und spielerisch zu entdecken.

Über das Jahr verteilt gibt es zudem eine Reihe von musealen Events, die dazu dienen, das Museum in besonderer Atmosphäre kennenzulernen und auch Besuchergruppen ansprechen, die nicht zu den klassischen Museumsgängern zählen. Dazu gehören der internationale Museumstag, die Museumssommernacht, der Maus-Türöffner-Tag oder der Tag des offenen Denkmals. Des Weiteren ist das Museum bemüht, auf Veranstaltungen in der Stadt oder von Kooperationspartnern präsent zu sein, dazu gehören etwa die Landpartie oder Schulfeste.

In Zusammenarbeit mit dem Museumsverein werden außerdem regelmäßig Vorträge zu verschiedenen Themen, vor allem mit Bezug zu Bad Pyrmont, veranstaltet.

 

4.   Barrierefreiheit

Das Museum im Schloss ist bemüht, im Rahmen seiner Möglichkeiten eine möglichst umfassende Barrierefreiheit zu schaffen. Alle öffentlichen Räume des Schlosses sind barrierefrei zugänglich. Die Schlossinsel ist für Menschen mit Gehbehinderung nicht vollständig zugänglich. Dies ist aufgrund der ursprünglichen Anlage als Festung auch baulich  nicht vollständig zu realisieren.

Im Bereich der Kasse, der Dauerausstellung und der Studiogalerie stehen Sitzgelegenheiten zum Verweilen und Erholen zur Verfügung. Im Kassenbereich gibt es außerdem die Möglichkeit, transportable Museumshocker mitzunehmen, auf denen man sich abstützen und bei Bedarf hinsetzen kann. Dieser Service wird besonders bei Führungen gerne in Anspruch genommen.

In der Dauerausstellung sind englischsprachige Leit- und Haupttexte vorhanden. Darüber hinaus bietet das Museum auf Anfrage englischsprachige Führungen an. Eine weitergehende Mehrsprachigkeit - auch im Hinblick auf zahlreiche niederländische Touristen - ist wünschenswert, jedoch aktuell logistisch nicht zu realisieren. Bei der Erstellung des Audioguides wird durch die szenische Inszenierung der Hörstücke besonderer Wert auf eine leicht verständliche Vermittlung der Inhalte gelegt. Über das Projekt „Undina im Museum“, gefördert über „Museum macht stark“, bei dem Kinder und Jugendliche selber einen Audioguide für gleichaltrige erstellen, soll auch ein spezielles Angebot für die Altersgruppe zwischen 6 und 12 Jahren entstehen. Langfristig soll über solche Projekte versucht werden, Informationen für weitere Zielgruppen aufzubereiten.

 

5.   Kooperationen

Gerade im Bereich der Vermittlungsarbeit ist das Museum besonders auf Kooperationen angewiesen, da die eigenen vor allem personellen Ressourcen nicht ausreichend sind.

Dabei ist der Museumsverein im Schloss Pyrmont e. V. finanziell und bei der Generierung ehrenamtlicher Unterstützer der wichtigste Partner.

Projektbezogen arbeitet das Museum regelmäßig mit verschiedenen Akteuren und Vereinen in der Stadt zusammen. Dazu gehören z. B. die Stadtbibliothek Bad Pyrmont, die städtische Wirtschaftsförderin, die Bad Pyrmonter Theater Companie, die Musikschule Bad Pyrmont oder das Café KNOPFBOCK im Schloss. Ziel ist es, in gemeinsamen Aktionen Personen und Kompetenzen zu bündeln, neue und ansprechende Formate zu realisieren und dadurch ein breites und diverses Publikum anzusprechen. Eine lockere Zusammenarbeit besteht darüber hinaus mit anderen Vereinen, wie dem DRK oder der Bad Pyrmonter Tafel. Für diese Vereine werden regelmäßig zielgruppenspezifische Führungen angeboten.

Die Kooperationen sollen nicht nur fortgeführt und verstetigt, sondern nach Möglichkeit auch ausgebaut werden. Dabei ist das Museum genauso offen für neue Ideen wie für neue Projektpartner, solange sie mit den Zielen und Idealen des Museums vereinbar sind.

Eine ausführlichere Beschreibung der Kooperationen ist im Museumskonzept festgehalten.

 

6.   Finanzielle und personelle Ressourcen

Auch dank der Unterstützung des Museumsvereins sind die finanziellen Ressourcen für Sachausgaben im Rahmen der Vermittlungsarbeit ausreichend. Problematisch ist allerdings die personelle Situation. Die gesamte Vermittlungsarbeit wird aktuell von der Museumsleiterin realisiert. Im Bereich der Führungen für Erwachsene erhält sie dabei Unterstützung von einer der Aufsichtskräfte im Museum sowie von ehrenamtlichen Helfern. Vor allem aber im Bereich der Angebote für Schüler und Schülerinnen sowie Jugendliche und der Generierung und Betreuung neuer Besuchergruppen ist eine kontinuierliche Unterstützung durch eine weitere hauptamtliche Kraft unerlässlich. Dazu soll gemeinsam mit der Stadtverwaltung eine Lösung gefunden werden. Auch die räumliche Situation ist nicht ideal, da ein separater Raum fehlt, in der beispielsweise eine Schulklasse praktisch arbeiten kann. Evtl. kann hier in Kooperation mit der VHS Abhilfe geschaffen werden, wenn im Jahr 2024 das Kommandantenhaus wieder genutzt werden kann.

 

7.   Umgang mit der Corona-Pandemie

Alle Konzepte des Museums wurden vor der Corona-Pandemie entwickelt. Die derzeitige Situation lässt kaum Planungssicherheit zu. Das Museum ist sich bewusst, dass diese Situation weiter anhalten wird und auch weiterhin Maßnahmen zum Infektionsschutz ergriffen werden müssen, was vor allem den Veranstaltungs- und Vermittlungsbereich betrifft. Das Museum richtet sich dabei nach den Vorgaben des Landes Niedersachsen. Alle Veranstaltungen und Maßnahmen erfolgen in enger Absprache mit der Verwaltung der Stadt Bad Pyrmont. Allen Beteiligten muss stets bewusst sein, dass es jederzeit kurzfristige Änderungen geben kann, auf die mit umso mehr Flexibilität und Kreativität reagiert werden muss, um auch weiterhin ein attraktives und vielfältiges kulturelles Angebot zu schaffen.

 


8.   Gültigkeit des Vermittlungskonzepts

 

Das vorliegende Vermittlungskonzept wurde von Melanie Mehring und Alexander Frede 2020 verfasst und mit den Museumsmitarbeitern besprochen. Es wurde mit der Verwaltung und der Lokalpolitik abgestimmt und im Kultur- und Sportausschuss am 8. September 2020 einstimmig verabschiedet. Das Vermittlungskonzept wird regelmäßig von der Museumsleitung überprüft und ggf. angepasst. Das Konzept ist gültig bis zur Erneuerung des 
Museumsgütesiegels 2027.


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